anse
Platin Member VIP
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Bei Waldbrand Tel. 1515
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Von mir ausgehend, hat Latein beim Lernen von Italienisch und dem inzwischen mangels Praxis weitgehend inaktiven halbvergessenen Französisch wenig geholfen, allein schon, weil das Latein an Schule Autoren liest und übersetzt, die eine extrem gefeilte Literatursprache geschrieben haben, die mit dem gesprochenen Latein im Alltag wenig zu tun hatte. An Autoren mit flotterer und alltagsnäherer Schreibe wie Apuleius ("Der goldene Esel") ließen uns die Lehrer zu allererst nicht heran, weil dafür unsere Lateinkenntnisse, die an Caesar, Cicero, Livius und Tacitus von unseren Schulmeistern geschult waren, schlicht und einfach nicht ausreichten. Zudem wurden solche Bücher damals für die heranwachsende Jugend für moralisch bedenklich, wenn nicht gar verwerflich gehalten. Mein letzter Lateinlehrer, ein aus der Kutte gesprungener Seminarist am Priesterseminar und nicht immer glücklicher Familienvater mit 7 oder 8 Kindern, warnte uns immer wieder vor den Verwerflichkeiten schriftstellender Ferkel, die mit Catull und Apuleius begann, über Balzac und einige französische Literaten führte, deren Namen man uns vorenthielt, die wir aber schulnah in den Grabbelkisten einer fundamentalistisch-protestantischen Buchhandlung in Schulnähe fanden und uns dort auch an wohlfeilem und unsittlichem Antiquariat eindeckten, das aus gutbürgerlichen Haushalten stammte, wo die Erben bei Bibliotheksauflösungen der jüngst Verstorbenen nicht immer wussten, welche Schätze in den Bücherschränken und Regalen standen. Zurück zum Nutzen des Latein: Mich fasziniert, wie aus alten Sprachen neue werden. Und das ist es auch. anse
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