anse
Platin Member VIP
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Bei Waldbrand Tel. 1515
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Oder konkreter gesagt, das viele Geld, das dafür ausgegeben wird und dann anderswo fehlt. Ich meine eher nein, denn die Mehrheit der Italiener sind selten oder gar nicht Kultur-User, allenfalls bei der Taufe und Hochzeit oder (dann nicht mehr aktiv) bei der Totenmesse, wo ein kulturell aufgehübschter Rahmen selbst kulturfernen Bürgern Emotionen und Erinnerungen bringt. Ich denke da an Barockkuppeln mit zarten Fresken und üppiger Vergoldung über dem Brautpaar und den Gästen, - und dafür wird ja auch gezahlt, braucht nicht der staatliche Kulturetat belastet werden. Aber bitte, einstürzende Mauern in Pompeji …..? Das eben der Zahn der Zeit. Die meisten Besucher Pompejis sind nie in diesen mauertechnisch unsoliden Bereichs gegangen, die Bildungstouristen schon gar nicht, denn die hatten jede Mühe, in ihre Besichtigungsstunden möglichst viel an Highlights zu stopfen. Und die italienischen Schulklassen machen ohnehin nur ein abgemagertes Programm. Also, die meisten Kulturreisenden haben gar nicht die Zeit und die Kraft, auch nur einen Bruchteil dessen zu besichtigen, was es an Kirchen, Kastellen, Museen usw. gibt. In Palermo waren wir vor einigen Wochen in der Galleria Regionale, einem Höhepunkt der italienischen Museumslandschaft, für 2 Stunden die alleinigen Besucher. Danach leistete uns eine Gruppe aus Ostasien Gesellschaft. Und ganz allein hatten wir am Nachmittag die Galleria d’Arte Moderna für uns, un museo mozzafiato, wo die Malerei des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ein Schlüssel zu Sizilien sein kann. Abgesehen davon sieht man viele aufregend schöne und berührende Bilder. Den Bürgern Italiens steht ein ausreichendes Medienprogramm in TV zur Verfügung, das sie ausgiebig nutzen und auch dafür zahlen über Gebühren und die Preise für Produkte und Dienstleistungen, die im TV beworben werden. Es ist sicherlich nett, wenn der Staub der Vergangenheit liebevoll bewahrt wird. Aber wer darf schon in den alten in Pergament gebundenen Scharteken blättern, deren Erhaltung Löcher in den Staatshaushalt reißt, die dann nicht zum Löcherstopfen auf dem erkennbar und fühlbar löcherigen Haupt- und Nebenstraßen zur Verfügung stehen. Und dann die zehntausende an bemalten und gerahmten Leinwände, fast immer im üppigsten Großformat, die sich in den Museen kaum jemand anschaut, die allerdings auch auf dem Kunstmarkt zur Füllung von Staats- und Gemeindekassen chancenlos sind. Der „ignoto calabrese del settecento“ zerbröselt dann in der Pfarr- oder Wallfahrtskirche oder im Heimatmuseum (museo civico). Der Cavaliere mit seinem wachen Sinn für Bares würde das ja gerne loswerden und einkassieren. Italien hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schon einmal vorgemacht, wie man das kulturelle Erbe erhält. Damals waren Sammler und Jäger aus USA du GB vor allem unterwegs und kauften den Grundbestand ihrer großen Kunstsammlungen zusammen. Und haben dabei verhindert, dass dieser und jener Antonello und Bellini zerbröselt ist.
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