Erst  hat es den Baron zu Guttenberg erwischt,. dann kommt die Vroni, Tochter des einstigen Landesfürsten von BY in Kopierverdacht.
Also ich hatte bisher ein reines Gewissen. Einmal bin ich nicht in der Hochrisikogruppe, weil nicht in der CSU. Und ich habe auch nie auf Visitenkarten und in Briefköpfe, nicht einmal bei anonymen Meinungsbefragungen den Dr. gesetzt.
Aber Andere haben das für mich getan. Hier nur ein paar wenige Beispiele für das unberechtigte Führen eines akademischen Titels.
Noch mitten beim Studieren habe ich an der Ausländeruniversität in Perugia versucht Italienisch zu lernen, damals viel linguistisches Alterthum und wenig Neuzeit; ganz zu schweigen von der Alltagssprache der Zeitgenossen.
Durch Zufallsbekanntschaft (Pilzesammeln auf dem Monte Subasio), aus der eine tiefe Freundschaft wurde, haben wir dann für das halbe Jahr eine sehr schöne und ganz und gar nicht teure Wohnung in der Altstadt von Spello bekommen.
Dort gab es neben anderen kleinen Grünzeugkrämern einen, dessen Kraut und Rüben jeden Tag taufrisch aus dem eigenen Garten kamen. Und der redliche Mann redete mich immer mit „Dottore“ an, auch wenn es nur um den Kauf von einem Selleriestängel und zwei Karotten ging. Meine Signora weigerte sich , den Laden zu betreten, Sächsinnen können sehr prinzipientreu und charakterstark sein. Der Wohlgeschmack unserer Speisen hat darunter gelitten. Gelegentlich, wenn allein unterwegs in Spello, habe ich heimlich bei ihm eingekauft.
Jahre später dann in Calabrien als Wanderführer und Reiseleiter wurde ich dann von Ziu Battista aus Papasidero zum „Professore“ gemacht. Battista Cersosimo, Bauer aus dem Hinterwald zwischen Papasidero, Laino Castello, Laino Borgo und Mormanno war ( er lebt leider nicht mehr) Besitzer der Höhle Grotta del Romito, deren 12000 Jahre alte Gravierung eines Urrindes zu den bedeutendsten Zeugnissen vorgeschichtlicher Kunst in Italien gehören (ist hier in Claudios Titelfotos zu sehen). Dazu ein Mann von Kultur, der ganz ohne Bücher, der Italienisch wie geschrieben sprach, und der durch Jahrzehnte von Ausgrabungen und Forschungen viele Dottori und Professori kannte.
Ich habe ihm am Anfang unserer Bekanntschaft un Freundschaft immer wieder gesagt, dass ich keine Titel habe …. Und dann habe ich mich nicht mehr gegen die Anrede “professore” gewehrt.

Wobei der dottore oder gar professore hier ja sowieso "weniger" zählt als in D. Neulich hatte ich eine hitzige Diskussion mit meinem 14-jährigen Sohn, weil ich "deine Lehrer" sage und er "meine Professoren". Ich hab ihm dann erklärt, dass in Deutschland ein Professor an der Uni lehrt, während hier jeder scuola-media-Lehrer ein "prof" ist. Auch dottore wird man gleich bei der laurea, ohne je promoviert zu haben...

Ich hab' hier in D den Doktortitel bekommen, als ich wieder einen Wohnsitz angemeldet habe. 
Ich hab' irgendwann zufällig festgestellt, dass auf dem Wisch vom Meldeamt "Doktorgrad" steht. Keine Ahnung, wie die auf sowas gekommen sind... entweder seh' ich so unglaublich belesen aus, oder der Beamte war an dem Tag besoffen.

Oft glaube ich, dass es pure Bequemlichkeit ist die Leute mit "dottore, avvocato"  (cavaliere lassen wir mal bleiben ) anzureden.

Ich wurde auch oft mit "dottoressa" angesprochen, was ich dann sofort abgestellt habe. Aber mein Vornamen ist in Italien nicht üblich, obwohl er im Alten Testament vorkommt     Einige haben mich dann einfach mit "Ciao Bella" angesprochen! Für mich ist es einiges komplizierter - wenn ich mich nicht mehr an den Namen meines Gegenüber erinnere kann ich ihn ja nicht gut "Ciao Bello" nennen, vorallem weil bei uns 1. die Hunde "Bello" heissen, und 2. sind die maschi auch nicht unbedingt immer "bello".

Sangim