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eine kleine inselgeschichte (Gelesen: 10331 mal)
trebbi
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eine kleine inselgeschichte
24.06.2013 um 19:06:06
 
im juli 1972, ich war damals elf jahre alt, fuhren meine eltern mit mir auf die liparischen inseln nach salina. meine eltern hatte kein auto, folgedessen ging es mit der bahn von wien nach venedig, dort wurde umgestiegen und wir fuhren nach rom weiter. - wieder umsteigen und ab nach neapel. mein vater schleppte damals die schweren lederkoffer für drei personen über hunderte meter bahnsteige.
in neapel angekommen suchten meine eltern ein hotel am piazza garibaldi. am nächsten tag ging es pizza essen. in neapel gab es damals in jeder gasse, hinter halb aufgerollten rollläden pizza neapolitana, oder pizza bianca. ich liebte die weiße pizza mit büffelmozzarella, gänzlich ohne paradeiser....äh....tomaten!
am abend fuhren wir mit der strassenbahn zum hafen und bestiegen einen seelenverkäufer (übrigens heute auch nicht viel besser). die überfahrt war turbulent, wurde aber durch das naturschauspiel stromboli wettgemacht. wir kamen damals um ungefähr vier uhr morgens unmittelbar neben dem vulkan mit unserem schiff vorbei und ich durfte einen ausbruch samt lavastrom miterleben. ein herrlicher anblick, den ich nie wieder vergessen werde.
kaum im hafen von santa marina salina angekommen gingen wir zu unserem angemieteten apartment mit herrlichem meerblick. (das kleine apartment gibt es heute noch, natürlich neu renoviert)
ich konnte das auspacken der koffer kaum erwarten, zog mir sofort die badehose an und ging zum meer. keine fünf minuten später lernte ich angelo kennen. ich konnte kein italienisch, er kein deutsch, aber wie es so unter kindern ist, wir freundeten uns sofort an, gingen gemeinsam schwimmen, fischen und sprangen von der kaimauer ins meer. er zeigte mir wie süß das weiße fleisch unter der zitronenschale schmeckt und wie kapernblüten aussehen.
das wasser war damals so klar und rein, dass man im hafenbecken am meeresgrund katzenhaie beobachten konnte. wir spielten dort mit mehereren kindern, aber hauptsächlich waren wir beide zusammen. in den vierzehn tagen wurde ich von angelo nur getrennt wenn ich mit meinen eltern nach lipari fuhr oder mit meinem vater den krater von vulcano bestieg.
mein vater war hobbyfotograf und besaß eine leica und eine, ich glaube eumig, filmkamera, machte tolle bilder und filme von den inseln und von angelo und mir.
nach vierzehn tagen ging der urlaub zu ende, wir verabschiedeten sich, waren beide traurig und wir fuhren mit dem schiff wieder nach neapel. zwei tage später retour nach wien.

wie es weiter geht? vielleicht morgen, oder im laufe der woche...piano piano.

ausserdem möge man mir die kleinschreibung und so manchen schreibfehler verzeihen.
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trebbi
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Re: eine kleine inselgeschichte
Antwort #1 - 25.06.2013 um 11:36:31
 
2009, siebenunddreißig jahre später....
wir fuhren mit meinem auto, bewaffnet mit dem alten, in leder gebundenen bildband den mein vater in den siebzigern herstellte richtung villa san giovanni, fähre nach messina, weiter nach milazzo. dort übernachtete ich mit einer guten bekannten unserer familie im hotel petit (empfehlenswert) das auto parkte ich im hoteleigenen parkplatz.
am nächsten tag ging es mit dem aliscafo nach salina.
schon bei der ankunft konnte ich die insel kaum mehr wiedererkennen. nicht nur der hafen wurde total umgebaut, die häuser breiteten sich am hang des monte fossa delle felci aus. früher bestand santa marina salina aus zwei strassen wobei in einer links und rechts häuser standen und die andere neben dem meer verlief und nur eine häuserzeile hatte.
ich zog mein buch aus der tasche und fragte ältere bewohner ob sie den jungen auf den fotos erkennen würden. ich war in nahzu jedem geschäft, fragte am hafen viele hafenarbeiter, aber niemand kannte angelo.
natürlich dachte ich er könnte weggezogen sein, auf der insel gibt es ja kaum arbeit. ausser natürlich man ist selbstständig, fischer oder hat mit schiffen zu tun.
aber wie sagt man so schön bei uns "aufgeben tuat ma an brieaf" also suchte ich weiter.
leider kannte ich nur angelos vornamen, sonst wäre es, nona, leicht gewesen. (nona-wiener dial. für "selbstverständlich")
in der pescheria schließlich erkannte die besitzerin das bild und sagte " si, angelo PATTI" sie sprach mit antonello, DEM taxifahrer auf der insel und er führte uns zum haus von angelo. antonello hupte, heraus kam die ehefrau von angelo, beide wechselten ein paar worte und das taxi fuhr wieder weg.
die frau stellte sich als rosaria vor und bat mich in ihr haus das innen sehr schön war, aber aussen noch nicht fertiggestellt. sie gab mir zu verstehen dass sie angelo erst wecken müsse, er hat die ganze nacht gefischt.
angelo kam verschlafen aus einem zimmer, sah mich an, sah seine frau an und zuckte mit den achseln. ich sagte ihn meinen namen, er wurde kreide bleich begann zu weinen, wir namen uns in die arme und heulten beide drauf los. was heißt beide, seine frau war bei der heulerei mit von der partie. wir setzten uns, ich zeigte ihm den bildband, er erinnerte sich und wir sahen uns lange in die augen.
meine bekannte blieb bei rosaria, angelo und ich gingen runter in die stadt, stolz mit erhobenen haupt und wechselte mit einigen ein paar worte. man musterte mich, war freudlich, lächelte und freute sich mit uns beiden.
danach fuhren wir nach malfa, wir hatten nicht viel zeit weil unser aliscafo bald wieder abfuhr.
ich erfuhr dass er bis vor ein paar jahren selbst mit den aliscafi unterwegs war, jetzt aber nach einem herzinfarkt zwei bypässe bekommen hat und mittlerweile in pension ist. nur so am rande, ich war bei der wiener berufsfeuerwehr tätig und bin nach herzproblemen ebenfalls frühzeitig pensioniert worden.
am hafen verabschiedeten wir uns und ich versprach im nächsten jahr mit meiner frau wiederzukommen
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trebbi
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Re: eine kleine inselgeschichte
Antwort #2 - 25.06.2013 um 13:50:17
 
mai 2010, wie versprochen fuhr ich mit meiner frau nach salina. wien-rom-fähre palermo-milazzo-autofähre nach salina (dazu ein kleiner tipp, nicht mit siremar, sondern GNV) WARUM, auf nachfrage Zwinkernd
wir wollten uns in salina ein zimmer nehmen, wurden aber von der familie patti überredet bei ihnen zu wohnen. vier nächte und original italienisches familienleben mitzumachen hat schon was für sich. die freude war groß und diesmal fuhren wir alles ab. von lingua über santa marina salina nach malfa, pollara, leni und rinella. an manche ortschaften konnte ich mich nur vage erinnern, an rinella und leni zb. überhaupt nicht. traumhaft schön der schwarze strand von rinella.
angelo und rosaria hatten eine ältere verheiratete tochter, lebend in capo faro und eine jüngere tochter die noch bei ihnen wohnt, francesca. rosaria kochte traumhaft. es gab von pasta, über diverse fische und nachspeisen viele regionale, sprich eolische köstlichkeiten.
wir luden die ganze familie zum essen im a cannata ein. ein herrliches lokal wo santinos (inhaber) mama noch selbst kochte. santino hat nicht nur ein lokal, sondern auch apartments unweit vom meer.
ich sah mir die zimmer an, wählte eines aus und buchte es für mitte sept. bis mitte okt. im selben jahr
wir besitzen einen hund, einen weißen boxer mit namen pazzo (man kann sich das gelächter der italiener vorstellen wenn ich seinen namen rufe) auf den zwischenzeitlich unsere bekannte aufpasste.
nach fünf tagen auf salina verabschiedeten wir uns.
ich kam im september für ein monat wieder, mit bekannter und hund, meine frau versprach 2011 mit mir wiederzukommen.
die fünf tage vergingen wie im flug, die restlichen zehn tage verbrachten wir auf sizilien, -heimreise!

mitte september kehre ich wie versprochen wieder, wollte aber nicht zu viel im haus von angelo verweilen, zumal sie katzen besitzen und sich mein hund mit katzen nicht wirklich verträgt. nichts desto trotz "musste" ich einmal in der woche zu ihnen kommen und es wurde aufgekocht. und zwar SO aufgekocht, dass ich den rest mitbekam und wir davon noch drei tage essen konnen.
pazzo verbrachte stunden im meer, sämtliche bootsbesitzer und kinder riefen ihn, spielten mit ihm oder schwammen mit ihm um die wette. nicht nur für uns ein paradies, sondern auch für meinen hund.
die letzten tage auf der insel, im oktober, machte ich mir mit angelo aus dass ich 2011 mit meiner familie und meinen besten freunden nach salina kommen werde um dort gemeinsam meinen fünfzigsten geburtstag zu feiern.
meine frau christa, sohn alexander mit seiner freundin ulli, meine freunde dieter mit seiner frau bettina, ihren zwillingen bernhard und sebastian, meine freunde markus und seine frau monika und rudi.
die komplette familie patti, sechs an der zahl, freuten sich schon auf das "grande festa" im jahr 2011.

aber meistens kommt es anders als man denkt...
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« Zuletzt geändert: 26.06.2013 um 10:42:26 von trebbi »  
 
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trebbi
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Re: eine kleine inselgeschichte
Antwort #3 - 25.06.2013 um 14:51:29
 
nach dem wir nach hause zurückgekehrt waren unterbreitete ich meinen freunden den vorschlag sie alle für zehn tage nach salina einzuladen. ich bezahle die anreise unterkunft, speis und trank. nur fürs nach hause kommen muss jeder selbst sorgen.
ausgemacht wurde dass markus und monika mit dem autoreisezug nach rom fahren, dort weiter nach neapel, das auto garagieren und mit der personenfähre nach salina kommen. dieter mit frau und kindern mit mir und rudi im konvoi nach neapel fahren und mit der autofähre nach salina. nach dem salinaurlaub wollte er nach griechenland weiter fahren und dort seinen urlaub zu ende bringen. meine frau, mein sohn und seine freundin flogen nach catania und kommen von milazzo nach salina.
das quartier wurde für 6.juli gebucht im al belvedere  http://www.belvederesalina.com/
am 5.juli ging von neapel die fähre nach salina, dort trafen wir uns alle bis auf markus und monika die einen tag später auf salina ankamen.
vorweg, DAS alles klappte wunderbar!

drei tage vorher, am 2.juli rief mich rosaria an dass angelo probleme mit dem herz habe und er sei in messina im spital, am nächsten tag rief mich seine ältere tochter laura an und teilte mir mit dass angelo soeben in messina verstarb. angelo war zwei jahre älter als ich und starb im 53. lebensjahr.

aus der großangekündigten feier wurde eine seelenmesse, da man in italien  nach spätestens zwei tagen zu grabe getragen wird.
der seelenmesse wohnten nur christa und ich bei.
nach einer woche gingen wir alle essen, santino stellte uns eine uneinsichtbare terasse zur verfügung, damit auf der insel nicht schlecht über die familie gesprochen wird. am tisch wurde viel geweint wenig gelacht aber trotzdem gut gegessen, wobei es nicht jedem wirklich schmeckte.

ich war ein jahr darauf noch mal für ein monat mitsamt bekannter und hund auf salina.
heuer mit meiner frau 14tage in leni im hotel al belvedere und vierzehn tage in santa marina, im hotel punta barone. mich kennt auf der insel mittlerweile nahezu jeder und jeder grüßt mich freundlich.
trotzdem werden immer wieder erinnerungen wach, gute sowie schlechte.
die restliche familie patti unterstütze ich so gut ich kann, für angelo hingegen, bleibt mir nur die kerze die ich anzünde wenn ich ankomme und wenn ich abfahre!

LA VITA, so spielt das leben!

ENDE
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solemarsicilia
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Re: eine kleine inselgeschichte
Antwort #4 - 26.06.2013 um 08:57:11
 
Das ist keine "kleine" Geschichte! Vielen Dank!
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trebbi
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Re: eine kleine inselgeschichte
Antwort #5 - 26.06.2013 um 10:52:38
 
solemarsicilia schrieb am 26.06.2013 um 08:57:11:
Das ist keine "kleine" Geschichte! Vielen Dank!


bitte gerne.
ich stelle dazu noch ein paar bilder ins forum, alte wie neue, nur muss ich auf meinen sohn warten damit er mir die fotos verkleinert und hier reinpassen.
mir ist der computer ziemlich POWIDL (powidl = zwetschkenmarmelade = pflaumenkonfitüre = EGAL) jaja, wienerisch ist kompliziert  Zwinkernd
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toppolina
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Re: eine kleine inselgeschichte
Antwort #6 - 26.06.2013 um 13:42:03
 
Das ist eine sehr schöne Geschichte, wenn auch mit traurigem Ende.....
Hattest du denn auch vor den 37 Jahren mal die Idee hinzufahren?
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trebbi
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Re: eine kleine inselgeschichte
Antwort #7 - 26.06.2013 um 13:56:06
 
toppolina schrieb am 26.06.2013 um 13:42:03:
Das ist eine sehr schöne Geschichte, wenn auch mit traurigem Ende.....
Hattest du denn auch vor den 37 Jahren mal die Idee hinzufahren?


naaaja, die idee schon, das geld reichte aber nicht.
unser sohn kam 1988 zur welt, (übrigens made in italy Zwinkernd ) und es reichte nur bis jesolo.
im jahr 2000 hatte ich vor nach salina zu fahren, habe mir zu hause den bildband hergerichtet und bin an der grenze draufgekommen dass ich ihn zu hause vergessen habe. mit dem vornamen allein ist es nahezu unmöglich jemanden zu finden.

ich hatte das glück mit meinen eltern sehr viel in italien gesehen zu haben. ich kannte in sardinien castelsardo, war in der cinque terre in vernazza, in amalfi, auf iscia und procida, in amalfi, sorrent, salerno....überall 14tage.
dann, als erwachsener, wurde erst einmal das geld für anderes benötigt als für urlaube. ich glaube da bin ich nicht alleine.
aber jetzt, wo ich es mir leisten kann, gondel ich durch halb europa UND natürlich nach süditalien.

aber glauben sie mir toppolina, angelo vergaß ich in all den jahren nie!
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trebbi
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Re: eine kleine inselgeschichte
Antwort #8 - 28.06.2013 um 17:15:36
 

https://picasaweb.google.com/114306982436048509719/1972Eolie?authkey=Gv1sRgCNSM1...

ich hoffe man kann die fotos über diesen link sehen.
wenn nicht muss man sie wahrscheinlich kopieren.

die aufnahmen von 2009 folgen zu einem späteren zeitpunkt.
trebbi
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« Zuletzt geändert: 28.06.2013 um 19:50:52 von Claudio »  
 
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Giardino Segreto
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Re: eine kleine inselgeschichte
Antwort #9 - 01.07.2013 um 09:38:57
 
Lieber Trebbi

Die Geschichte ist sehr schön, aber auch traurig, wie ich finde.
Dankeschön, dass Du mit so einer Geste so viel Freude bereitest.
Ich liebe Italien und durch Deine Geschichte weckst Du Erinnerungen in mir wieder wach.
Alles Liebe

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trebbi
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Re: eine kleine inselgeschichte
Antwort #10 - 01.07.2013 um 10:17:49
 
Giardino Segreto schrieb am 01.07.2013 um 09:38:57:
Lieber Trebbi

Die Geschichte ist sehr schön, aber auch traurig, wie ich finde.
Dankeschön, dass Du mit so einer Geste so viel Freude bereitest.
Ich liebe Italien und durch Deine Geschichte weckst Du Erinnerungen in mir wieder wach.
Alles Liebe

S.


das bild, wo angelo und ich auf den hafenstufen sitzen, haben wir 2009 noch einmal nachgestellt.
heuer kam das dritte foto dazu, wo ich alleine auf den stufen sitze.
irgendwann sind die stiegen leer.

traurig, aber wir kommen früher oder später alle dort hin.
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