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Beitrag begonnen von anse am 14.09.2012 um 18:00:01

Titel: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von anse am 14.09.2012 um 18:00:01
Nachdem die Vogelschützer in Norditalien zusammen mit Carabinieri und Corpo Forestale die Jagd auf Klein- und Mikrogeflügel aus der Region immer mehr behindern, sind Importeure am Werk, die den Hochgenuss der polenta coi ösei (con uccelli) garantieren. Lombardisches Kulturgut besonders in den Voralpen der Provinzen Bergamo und Brescia.
Dort wurden in Ermangelung heimischen Wildgeflügels TK-Sperlinge aus Tunesien importiert. Und aufgespürt und beschlagnahmt.

www.komitee.de/content/aktionen-und-projekte/italien/tiefgekühlte-singvögel

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von Marea am 14.09.2012 um 19:53:21
Hat eigentlich irgendjemand hier schon mal "Mikrogeflügel" probiert? Ich frage mich nämlich, ob so ein winziger Vogel wirklich so gut schmecken kann, dass man ihn unbedingt essen muss, auch wenn's verboten ist.
Oder schmeckt's dann gerade deshalb umso besser?  :-?

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von lanonna am 14.09.2012 um 21:51:01
Allein der Gedanke daran, lässt Ekel in mir aufsteigen.

Ich werde mich nie dazu überreden lassen, einen Vogel zu essen. Zum Glück hat bisher niemand versucht, mir so etwas anzubieten.

Aber ich esse auch keine Schnecken oder Froschschenkel oder Ähnliches.

Lanonna - die den Frosch im Teich immer wieder bewundert und gern die Vögel im Garten beobachtet

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von Ondina am 14.09.2012 um 22:19:26
Ich habe immer ein Problem damit, wenn der Gradmesser "was esse ich und was nicht" das Wort niedlich oder eklig ist.
Auch eine Kuh ist hübsch und Schnecken sind nicht bedroht und nicht eklig.
Ich würde (und tue es) durchaus Schnecken essen, aber bedrohte Tierarten oder artfeindlich gehaltene Rinder mag ich nicht.
Es ist manches Geschmackssache, aber eklig ist es deswegen nicht.

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von pepone am 14.09.2012 um 22:49:46
Sehe ich genau so, das Suppenhuhn ist lecker und der Spatz auf dem Dach niedlich und hat ein langes Leben verdient...... :-?

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von Marea am 14.09.2012 um 23:22:58
Sehe ich auch so.

Mir geht's nicht um niedlich oder nicht (ich finde sie alle niedlich  :-[ ), sondern darum, wie Tiere gehalten bzw. umgebracht werden. Und im diesem Fall auch darum was einen dazu treibt, ein Gesetz zu umgehen, um in den Genuss von ein paar Gramm Vogelfleisch zu kommen.


Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von lanonna am 14.09.2012 um 23:56:57
Auch wenn ich persönlich das eine oder andere eklig finde, so ist das einfach mein Geschmack.

Ich ziehe auch artgerecht gehaltene Rinder vor (und habe einen sehr guten Bauernhof in der Nähe). Aber mir kann niemand erzählen, dass man Vögel "artgerecht" auf den Tisch bekommt.

Mag sein, dass man vielleicht Frösche züchten kann - ich werde sie nicht essen.

Dass ein Suppenhuhn gut schmeckt, ist eben auch Geschmackssache. Da bin ich auch im Zwiespalt. Die Suppe esse ich, das Huhn nicht.

Ich denke, dass da jeder so seine Eigenheiten hat.

Lanonna

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von Marea am 15.09.2012 um 08:57:20

lanonna schrieb am 14.09.2012 um 23:56:57:
Ich ziehe auch artgerecht gehaltene Rinder vor (und habe einen sehr guten Bauernhof in der Nähe). Aber mir kann niemand erzählen, dass man Vögel "artgerecht" auf den Tisch bekommt.


Ich fürchte, da hast Du etwas vollkommen falsch verstanden. Niemand hat geschrieben, dass es "artgerecht gehaltene" Singvögel gibt, sondern dass es scheinheilig ist, das Argument des "Ekels" oder der "Niedlichkeit" vorzubringen. Mit diesen Argumenten ist keinem Tier geholfen, im Gegenteil, ich habe immer den Eindruck, damit schadet man der Sache sogar.


Zitat:
Dass ein Suppenhuhn gut schmeckt, ist eben auch Geschmackssache. Da bin ich auch im Zwiespalt. Die Suppe esse ich, das Huhn nicht.

Ich denke, dass da jeder so seine Eigenheiten hat.


Und ich denke, dass wir grade ganz fürchterlich vom Thema abkommen, denn es geht nicht darum, ob Du Hühnersuppe isst, aber kein Suppenhuhn (die Suppe sicherlich nur von glücklichen Hühnern, die eines natürlichen Todes gestorben sind  ;)), sondern darum, dass man tote Singvögel aus dem Ausland importiert, um sie zur Polenta servieren zu können.

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von Ondina am 15.09.2012 um 11:52:48
Wenn es danach geht, sind Singvögel sogar seeeehr artgerecht gehalten. Solange sie nicht erschossen werden, leben sie so glücklich wie kein gezüchtetes Tier.
Nur da gibt es die zweite Komponente und die heißt: bedroht. Und eine Nachhaltigkeit gehört zum Artenschutz. Wenn man Widschweine jagt, die Überhand nehmen, ist das etwas anderes.
Und die Vögel wurden ja importiert, weil Naturschützer auf die Barrikaden gegangen sind, was ich sehr gut finde.

Es mag ja die Tradition geben, dass der Spatz vorzüglich zur Polenta passt (Geschmackssache). Aber das war vor 100/200 Jahren, wo es wenige Spatzen traf etwas anderes als heute, wo wir ganze Arten vernichten.

Übrigens Marea, ich habe noch kein "Mikrogeflügel" probiert. Nur mal Wachtel, was ich schon sehr filigran fand. ;)


Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von Marea am 15.09.2012 um 12:13:36

Ondina schrieb am 15.09.2012 um 11:52:48:
Und die Vögel wurden ja importiert, weil Naturschützer auf die Barrikaden gegangen sind, was ich sehr gut finde.


Und da kann man jetzt nur hoffen, dass der TK-Singvogel-Import schnell untersagt wird. Unglaublich, dass es da auch mal wieder eine Gesetzeslücke gibt.
Hab' ich das in dem Artikel eigentlich richtig verstanden? "Tierärzte stellten fest, dass die Vögel nicht geschossen wurden. Sie mussten also mit Netzen oder Fallen gefangen worden sein, was auch in Tunesien verboten ist."
Dennoch dürfen aber italienische Metzger tunesische Singvögel, die illegal gejagt wurden, importieren und verkaufen?

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von anse am 15.09.2012 um 13:25:57

Marea schrieb am 15.09.2012 um 08:57:20:
sondern darum, dass man jetzt damit anfängt, illegal tote Singvögel aus dem Ausland zu importieren, um sie zur Polenta servieren zu können.


Genau das ist der Punkt: Die italienischen Natur- und Vogelschützer waren zusammen mit den Beamten des Corpo Forestale und der Carabinieri erfolgreich im Kampf gegen die illegale Jagd, dass es jetzt nicht mehr den Wilderern gelingt heimisches Mikrofederwild  auf Herd und Rost zu bringen.

Per se ist eine Speise nicht ekelig. Das wird von einzelnen Esser oder manchmal auch einem Großteil der Gesellschaft gemacht, die dazu neigen dem Schnecken- oder Innereienesser (gibt noch mehr Beispiele) die Aura des Ekeligen anzuhängen.

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von anse am 15.09.2012 um 20:31:58
Ich bin wahrscheinlich einer der wenigen Foristen, der gut und liebevoll zubereitete Drosseln genossen hat.
Die Untat liegt fast 35 Jahre zurück. Und eigentlich war das Minigeflügel nicht für mich gedacht.
Wie kam es dazu?
Ich war für eine Woche Gast in der Jugendherberge Foligno/ Umbrien, wo damals einige US-amerikanische Studenten an der Ausländeruniversität Perugia preiswert Kost und Logis gefunden hatten. Die Herbergsmutter tat alles, um ihnen Umbrien kulinarisch zur lebenslangen Erinnerung zu machen.
Io, non disponendo di dollari, deren Wechselkurs damals in Italien höchst vorteilhaft war, bekochte mich selbst. Die JH hatte eine Gästeküche, wo man für einen lächerlichen Betrag Spaghetti und Tomatensoße kochen konnte.
An einem Sonntagabend im Herbst kam ich von einer Tour in die Berge zurück, wollte in der Küche mein bescheidenes spaghettibasiertes Essen machen ….
Und dann kam die Herbergsmutter:
Ihr Mann und ein Cugino seien in der Frühe, lang vor Sonnenaufgang, losgefahren, bis in die Abruzzen (von Foligno mehr als 100 km und 1978 ein mentaler Sprung in den unterentwickelten Mezzogiorno).Sie war erzürnt.
Die Jagd war erfolgreich, zwei Spieße Drosseln, gut gewürzt mit Kräutern und Speck (der damals in Umbrien noch von Bauernsäuen kam, die kein Kunstfutter bekamen, Auslauf hatten usw.).
Die Americani sahen die perfekt gegrillten Drosseln und verweigerten sich, gingen ins Ristorante.
Die Herbergsmutter war hochbeleidigt, war auch nicht damit zu trösten, dass der Verzehr von kleinen Vögeln nicht überall kompatibel war.
Die Vögel waren tot , für die Herbergsmutter und ihren marito-cacciatore mehr als zuviel.
Und so habe ich mitgegessen.
Die Brüste waren wirklich lecker, der Rest der Vögel auch, aber ein elendes Gegnaubele ähnlich wie bei vielen Fischen..
Und das wars.

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von Marea am 15.09.2012 um 21:29:19
Wie viele Drosseln passen denn auf zwei Spiesse??

Drosseln sind ein bisschen grösser als Sperlinge oder Rotkehlchen... oder irre ich mich? Ich kann mich nicht erinneren, ob ich jemals eine Drossel gesehen habe... vielleicht hat man in norditalienischen Metzgereien mehr Chancen, ihnen zu begegnen, als hier in der Natur.

Wie war das vor 35 Jahren? War da in D das Essen von Zugvögeln schon verpönt?

Aber vor allem: wie bekloppt muss man sein, 100 km weit zu fahren, um ein paar Vögelchen fangen und aufspiessen zu können???
Per la miseria, dann doch lieber 'ne Wildsau, die kann man auch aufspiessen und die Amis wären sicher nicht weggelaufen.

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von lanonna am 15.09.2012 um 23:29:20
Ja, Marea, schon vor 47 Jahren hat meine Familie das Essen von Zugvögeln abgelehnt und dem Entsetzen darüber Luft gemacht.

Aber die Jäger, Käufer und Esser haben natürlich nicht auf uns gewartet und noch weniger auf uns gehört. Weshalb dieser thread sein muss.

Lanonna

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von Marea am 16.09.2012 um 10:00:37

lanonna schrieb am 15.09.2012 um 23:29:20:
Aber die Jäger, Käufer und Esser haben natürlich nicht auf uns gewartet und noch weniger auf uns gehört. Weshalb dieser thread sein muss.


Tja, dumm gelaufen.  :(

Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von anse am 16.09.2012 um 18:43:41
Der Marito und seine Freunde hatten für die 4 oder 5 american boys and girls eine sättigende Mahlzeit zusammengeschossen, insgesamt 15 oder mehr Vögel, dazwischen reichlich Speck.
Drosseln du Amseln (tordi e merli), sind verglichen mit anderen Singvögeln große Tiere und bringen 100 bis 150 Gramm auf die Wage, von denen man dann noch ein paar wenige Gramm für die Federn abziehen muss. Der Inhalt des Bauchs (Magen, Lunge, Darm, Leber usw.) wird vom italienischen Ghiottone („Leckermaul“) in der Regel mitverspeist.
Die Merli und Tordi sind in Italien durch Jagd und Wilderei sehr selten geworden, während sie in Mittel- und Nordeuropa ausgesprochen häufig sind.
Ich erinnere mich noch an Verlaufstände (bancarelle) am Südrand der Altstadt von Martina Franca (Apulien), wo vor 20/ 25/ 30 Jahren frisch geschossene Drosseln apetitlich im Grün von Myrtenzweigen zum Verkauf dargeboten wurden.

Auch die Deutschen liebten Kleingeflügel, besonders in Sachsen und im Südwesten. Als 1876 der König von Sachsen seinen Unterthanen Jagd und Verzehr von kleinen Vögeln, besonders den in Leipzig geschätzten Lerchen verbot, schufen die sächsischen Bäcker Ersatz: die Leipziger Lerche.
www.baeckersachsen.de/php_verbr/Leipziger-Lerche.147.html
Das leckere und sehr nahrhafte Gebäck gab es schon früher in Süditalien (Abruzzen, Apulien, Lukanien und Calabrien). Besonders geschätzt sind die Bocconotti in Bitonto, Gallipoli und Mormanno, einer Kleinstadt im Norden der Provinz Cosenza, von wo das Gebäck nach Neapel gelangt war und dort möglicherweise von reisenden Leipziger Bäckern entdeckt wurde.Das Rezept von Mormanno ist fast identisch mit dem aus Leipzig.
Möglicherweise haben das Gebäck Leipziger Conditoren im 19. Jahrundertt in Neapel kennen gelernt. Die Stadt war damals eines der meist besuchten Reiseziele von Europas Adel und gehobenem Bürgertum.



Titel: Re: Vogelschützer stoppen Tafelfreuden
Beitrag von Ondina am 16.09.2012 um 21:41:13
Die Geschichte der Leipziger Lerchen kenne ich, aber ich wusste nicht, dass es das auch in Italein gab. Ist ja sehr spannend!  :o

Jedenfalls find ich die Idde sich Mikrogeflügel zu backen eine gute Alternative.

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