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Beitrag begonnen von Claudio am 11.11.2004 um 00:29:01

Titel: Der Süden windet sich im Griff der Camorra
Beitrag von Claudio am 11.11.2004 um 00:29:01
20 Camorra-Familien beherrschen Neapel - die ausufernde Kriminalität erschreckt Italiens Öffentlichkeit immer mehr...

Artikel (der Standard):
http://derstandard.at/?id=1854362

Titel: Re: Der Süden windet sich im Griff der Camorra
Beitrag von anse am 11.11.2004 um 18:15:29
Der Staat hat sich in Neapel und anderen von der Mafia/ Camorra/ 'Ndrangheta/ Sacra Corona beherrschten Gebieten längst als Ordnungsmacht zurückgezogen, überlässt sie der vitalen Profitgier, die vor nichts halt macht, aus den schönsten und fruchtbarsten Landstrichen Italiens wie dem Umland des Vesuvs und der Conca d'Oro von Palermo Gebiete ohne Lebensperspektive gemacht hat, es sei denn man ordnet sich den Interessen der Bosse und ihrer Steigbügelhalter aus der lokalen Politikszene unter. Die Teilerfolge im Kampf gegen die Kraken haben "befreite Gebiete" geschaffen, deren Schwäche aber sichtbar ist.

Titel: Re: Der Süden windet sich im Griff der Camorra
Beitrag von gru am 12.11.2004 um 18:49:55
Darauf das bekannte Dante Zitat aus dem purgatorio, canto VI, verso76: "Ahi, serva Italia, di dolore ostello"

Titel: Re: Der Süden windet sich im Griff der Camorra
Beitrag von lorenza am 15.11.2004 um 19:49:16
Tatsache ist, dass das schon eine neue Qualität der Gewalt darstellt. Es war lange Zeit relativ ruhig in Neapel, aber im Moment werden da die Karten unter den Familien und neuen Jugendgangs die sich nichts sagen lassen wollen, gerade im Drogenbereich, neu gemischt.

Titel: Re: Der Süden windet sich im Griff der Camorra
Beitrag von anse am 16.11.2004 um 12:06:37
Das massive Polizeiaufgebot in Neapel (und auch anderswo, wo es im Moment heiß zugeht wie in Apulien um Foggia und in Calabrien in der Ebene von Sibari und in der Locride) kann allenfalls für gepanzerte Ruhe sorgen.
Die organisierte Kriminalität in den Regionen hat ja ihre Ursachen vor allem im Fehlen von vernünftigen Lebensverhältnissen wie legaler Arbeit zu Löhnen, von denen man leben kann, Bildung, sozialem Netz (statt auf die Gefälligkeiten der Bosse und ihrer Statthalter angewiesen zu sein).
Entwicklungspolitik ist Jahrzehnte lang immer als Futterkrippe für die mafios unterwanderten Machtkartelle betrieben worden. Dabei ist dies und jenes an Fortschritten herausgekommen, aber gemessen am Aufwand müsste Süditalien vor ausgebauten Infrastrukturen, moderner Industrie und Landwirtschaft nur so strotzen.
Wo gewisse Orte Spitzenniveau haben (z.B. Siderno oder Crotone), sind Juweliersgeschäfte und Edelboutiquen.

Titel: Re: Der Süden windet sich im Griff der Camorra
Beitrag von DiscoverRome am 17.11.2004 um 10:54:48
Lösungsvorschlag:

Re Silvio erklärt seinem Freund W., dass die Mafiaaktivitäten ein Risiko für den Weltfrieden im Allgemeinen und Amerika im Besonderen sind - immerhin befindet sich (ein Teil des?) Nato-Hauptquartiers demnächst dort und es gibt ja viele amerikanische Touristen, die in den Kugelhagel geraten könnten.
Vielleicht schickt er mal ein paar GIs rüber, die aufräumen. Denen sollte man vorher allerdings erklären, dass sie die Stadt nicht in Schutt und Asche legen dürfen..... (dafür ist außerdem der Vesuv zuständig!).

Bitte nicht hauen!

Torsten

Titel: Re: Der Süden windet sich im Griff der Camorra
Beitrag von anse am 17.11.2004 um 11:22:13
Wahrscheinlich sind George und Silvio genau gegenteiliger Meinung. Schließlich waren es die Ehrenwerten Herren, die in der Vergangenheit dafür sorgten, dass sich die herrschenden Verhältnisse nicht umstürzten. Sie haben - wie Salvatore Giuliano 1947 an der Portella delle Ginestre - die Roten umgelegt, bei Wahlen die Stimmbürger immer wieder daran erinnert, dass ehrbare Leute gegenüber den Ehrenwerten Dankbarkeit zu zeigen haben, z.B. auch dem Boss, der seinen Landsleuten viel Unterhaltung und Entspannung ganz umsonst ins Wohnzimmer bringt.
Und ein paar lästige Richter haben sie ja auch beseitigt, die der allerehrenwerteste bekanntlich auch nicht besonders mag.

Titel: Re: Der Süden windet sich im Griff der Camorra
Beitrag von gru am 28.11.2004 um 22:13:22
Der vorherige Beitrag von jemandem, der, soweit ich dies aus den Forumsbeiträgen ersehen kann, sich kontinuierlich in Italien aufhält ist aus meiner Sicht außerordentlich mutig und gerade deshalb in diesem Forum, in dem die geringste Kritik an Italien schon mit massivsten Angriffen beantwortet wird, sehr begrüßenswert (ich darf aus einem Beitrag von Anse zitieren (nicht plagiieren) "Salz in der Suppe").

Titel: Re: Der Süden windet sich im Griff der Camorra
Beitrag von anse am 28.11.2004 um 22:47:11
No, no, no - hier gibt es immer wieder Kritik am Alltag im Bel Paese, und zwar nicht nur an den ungeheizten Häusern im Winter und auch nicht an Plaste und Elaste in der Landschaft.
Und es ist nicht nur Isostar, der seine Kritik ablädt an Verhältnissen, die das Leben im Traumland Italien zum Alptraumland werden lassen. Alltag in der Periferie von Neapel und Caserta, wo kein Tourist freiwillig das Tempo verlangsamt und schon gar nicht anhält, ist hartes Brot. Da sieht nicht nur die Landschaft oder besser die Stadtlandschaft, eher Siedlungsbrei, unwirtlich, abstoßend, gemein und arm, verkommen und dreckig aus. Das Zusammenleben und die Nachbarschaft haben auch nicht viel mit dem Bild von Italien zu tun, wo man gerne sein möchte.
Ich bin in Italien in angenehmeren Gegenden, wo noch eine ganze Menge in Ordnung ist. Auch wenn Don Cono, der ehemalige Pfarrer, versetzt worden ist, weil er es nicht sein lassen konnte, die Bauspekulation und Betonierung der Küste als Sünde zu bezeichnen. Und auch, wenn Neubauten wie Eiterpickel überall an Küste massenhaft auftreten.
Ich fühle mich in Italien dennoch wohl, nicht mit allen Italienern, aber mit Freunden und vielen Unbekannten, die irgendwo auf der gleichen Wellenlänge liegen, ich liebe Herzlichkeit und Spontaneität. Und ganz einfach die Freundlichkeit im Alltag.
Anse

Titel: Re: Der Süden windet sich im Griff der Camorra
Beitrag von DiscoverRome am 28.11.2004 um 23:36:33

anse schrieb am 28.11.2004 um 22:47:11:
Ich fühle mich in Italien dennoch wohl, nicht mit allen Italienern, aber mit Freunden und vielen Unbekannten, die irgendwo auf der gleichen Wellenlänge liegen, ich liebe Herzlichkeit und Spontaneität. Und ganz einfach die Freundlichkeit im Alltag.
Anse


Ich weiß, das geht jetzt leicht am Thema vorbei..... aber darf ich mir hiervon einen Aufdruck auf ein T-Shirt machen?!? Ich war noch nie der Beste mit Worten, aber so ähnlich würde ich es wohl auch ausdrücken!

Und Kritik muss sein. Sie mag manchmal hart sein, hin und wieder auch ungerecht, aber man muss nicht alles hinnehmen, wie es ist.
Und ich möchte nicht wissen, wie es hier abgehen würde, wäre dies ein Deutschlandforum....

Zurück zur Freundlichkeit:
Als ich 98/99 in Rom mein Erasmusjahr verbrachte, wurde ich jeden Tag von meinen römischen Freunden begrüßt, als ob sie mich 3 Jahre lang nicht gesehen hätten ("ciao torsten - kuss links kuss rechts - come staaaaaiiiii......."). Das läuft in Deutschland meist anders ab ("Und, haste gestern wieder gesoffen?" oder "Alles fit? Was machen die Kinder?" usw usf).

Un bacio a tutti,
Torsten

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